Behandlungsmöglichkeiten
Nachdem sich der erste Schrecken gelegt hat und der Kopf langsam wieder klar wird, ist die Suchtkrankheit noch nicht besiegt. Sofern der Wunsch danach wirklich existiert, muss man jetzt aktiv nach einem Ausweg suchen. Der klassische Weg sieht so aus: Erst eine stationäre Langzeittherapie, dann eine Ambulante und parallel oder im Anschluss dazu aktive Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe. Menschen, die diesen Weg gehen, schaffen es häufig mittel- und sogar langfristig aus der Sucht raus.
Zusätzlich braucht es kluge Werkzeuge, um einen Rückfall vorzubeugen und die Sucht nicht zu vergessen.
Was ist eine stationäre Therapie?
Deutschlandweit gibt es unzählige Fachkliniken die sich auf die Suchtkrankheit spezialisiert haben. Eine stationäre Therapie bedeutet, dass man als Patient in eine solche Klinik einzieht und dort für einige Zeit lebt.
Da es geringfügige Unterschiede zwischen Glücksspiel-, Drogen-, Medikamten und Alkoholsucht gibt, sollte gemeinsam mit einem Suchtberater überlegt werden, welche Klinik am besten passt. In der Regel beträgt die Dauer eines solchen Klinikaufenthaltes 8 – 24 Wochen und im Anschluss gibt es noch die Möglichkeit zu verlängern. Erfahrene Ärzte, Psychologen und Therapeuten helfen den Patienten dabei, wieder Verantwortung zu übernehmen und einen geregelten Alltag zu organisieren. Von Ergo-, über Entspannungs- & Sport- hinzu Kreativtherapie wird sehr viel geboten, um den Betroffenen das Leben ohne Suchtmittel wieder schmackhaft zu machen.
Ich selbst habe für 8 Wochen eine stationäre Therapie gemacht und kann diese Zeit als wichtigsten Wendepunkt in meinem Leben bezeichnen. Mehr zum Thema in meiner Anleitung.
Was eine Ambulante?
Eine ambulante Therapie findet in Form von regelmäßigen Treffen in einem Suchtzentrum statt und wird häufig direkt im Anschluss an eine stationäre Therapie gemacht. Bei dieser Therapieform wohnt der Patient zu Hause, hat aber weiterhin eine feste Anlaufstelle, um sich mit seiner Suchterkrankung zu befassen. Sorgen, Zweifel und Probleme können in Gruppen- oder Einzelsitzungen angesprochen und diskutiert werden. Unter der Moderation eines erfahrenen Therapeuten werden die Tücken eines cleanen Lebens besprochen und es werden Anregungen und Strategien aufgestellt, um nicht wieder rückfällig zu werden. Zusätzlich können in Einzelgesprächen mit dem Therapeuten individuelle Probleme angesprochen werden.
In der Regel wird eine ambulante Therapie für einen Zeitraum von 24 bis zu 48 Wochen gemacht und dient als wunderbares Werkzeug, um die Genesung weiterhin zu unterstützen.
Welche Werkzeuge braucht man?
Die vier wichtigsten Werkzeuge sind:
- Falls notwendig, eine sichere Umgebung in Form einer stationären Therapie, um die Anfangszeit zu überstehen. Gerade in den ersten Wochen nach dem letzten Konsum ist das Leid und der Zweifel sehr hoch. Eine Klinik sichert den Ausweg ab und bringt viele weitere Vorteile mit sich.
- Jemanden zum ungefilterten Sprechen über Probleme, Sorgen, Ängste und auch Hoffnungen.
- Neue Lebensinhalte, die anstelle von Beschaffung, Finanzierung und Konsum der Drogen oder des Spielens treten.
- Ein Gefühlsverarbeitungs-Instrument.
Es gibt weitere Werkzeuge aber das sind die grundlegendsten. In meiner Anleitung Ausweg aus der Sucht gehe ich detailliert auf die Einzelnen ein. Weitere Werkzeuge und Strategien findest Du über meinen Instagramkanal Projekt.ohnesucht
Warum ist eine Selsthilfegruppe so wichtig und welche gibt es?
Du brauchst jemandem zum ungefilterten Reden. Echtes Reden. Reden über Probleme, Sucht, Angst, Depression, Zweifel und auch Hoffnung. Wenn du jemanden hast, mit dem du komplett demaskiert sprechen kannst und vor dem du nichts verheimlichen musst, perfekt. Dann brauchst du nicht unbedingt eine Selbsthilfegruppe. Aber wenn du so jemanden nicht hast, dann ist eine Gruppe die perfekte Umgebung für dich, um dir deine Ängste und Sorgen von der Seele zu reden. Obendrauf profitierst du von der jahrelangen Clean Erfahrung der Anderen und bekommst immer wieder abschreckende Beispiele vor Augen, welche Auswirkungen die Sucht haben kann. All diese Dinge unterstützen dein Vorhaben enorm.
Die bekanntestens Selbsthilfegruppen sind:
Für Alkoholsucht oder mit Fokus auf Alkohol:
- AA (Alcoholics Anonymous)
- Blaues Kreuz in Deutschland e. V.
- Guttempler
- Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe –
Bundesverband e. V.
Für Drogensucht:
Für Spielsucht:
Die aufgezählten Selbsthilfegruppen sind deutschlandweit auffindbar und deshalb hier aufgelistet. Gleichzeitig gibt es sehr viele regionale / lokale Gruppen, die nur in einzelnen Städten oder Bundesländern vertreten sind. Hier lohnt es sich Google anzuschmeißen und verschiedene Gruppen auszuprobieren, bis man die Richtige gefunden hat.
Für Angehörige
Der Ehepartner trinkt zu viel Alkohol? Das eigene Kind nimmt Drogen und geht große Risiken ein? Der Lebensgefährte trägt sein Geld zur Spielbank?
Einen geliebten Menschen süchtig werden zu sehen, ist nur schwer zu ertragen und eine Zerreißprobe für die Beziehung. Es scheint als wäre man machtlos und jedes Gespräch endet in gegenseitigen Vorwürfen. Hier stelle ich Möglichkeiten vor, die einem Angehörigen noch bleiben.
Wie kann man einem geliebten Menschen helfen?
Leider kann man niemandem die Sucht austreiben, egal wie sehr man das möchte. Das ist die grundlegende Erkenntnis, die es braucht, um über dieses Thema konstruktiv zu reden. Natürlich können in einem frühen Stadium, wenn die Sucht gerade erst entsteht, intensive Gespräche und mahnende Worte ausreichen. Das kann einen Aufwach-Moment erzeugen, und die Person realisiert die Gefahr und handelt, bevor es zu spät ist. In der Regel verläuft es anders. Die meisten Süchtigen müssen erst einen individuellen Tiefpunkt erreichen, bevor sie aufwachen und die notwendigen Konsequenzen ziehen. Als Außenstehender hat man kaum die Möglichkeit etwas zu tun und gleichzeitig leidet man selbst enorm darunter. Was also bleibt?
Sich emotional und räumlich distanzieren. Das heißt, aktiv dabei mitwirken, dass die Person die Auswirkungen ihres Lebensstils zu spüren bekommt und die Folgen in der Realität merkt. Das passiert in aller Regel, wenn sich geliebte Menschen abwenden. Dadurch steigt die Chance, dass die Person aufwacht und realisiert, dass sie etwas ändern muss.
Es ist traurig aber wahr: Wenn Gespräche und Vorwürfe nicht reichen, bleibt einem nur übrig die Sucht mit allen Konsequenzen zu ertragen oder sich zu distanzieren. Dazwischen gibt es nur sehr wenig.
Wann kommt es drauf an?
Ganz wichtig ist es dem Betroffenen Hilfe und Unterstützung zuzusichern, wenn er wach wird und anfängt etwas gegen das Problem zu unternehmen. Wenn ein Süchtiger aufwacht und den Wunsch und Drang hat, etwas zu verändern, dann ist der Zeitpunkt zum Helfen und unter die Arme greifen gekommen. Dazu kann zählen: Wieder Kontakt zulassen, Wege gemeinsam erledigen, bei der Suche nach einer Klinik oder Selbsthilfegruppe unterstützen, bei Behördengängen begleiten, und vieles mehr.
Solange die Person Drogen und den dazugehörigen Lebenstil zelebriert und verteidigt, solange ist man machtlos. Ab dem Moment wo die Person wach wird, wird es ganz entscheidend welche Menschen noch zu einem stehen. Haben sich bereits alle abgewendet, fallen die meisten Betroffenen wieder in alte Abhängigkeiten, da sie wissen das es keinen mehr interessiert.
Welche Hilfe ist unbedingt notwendig?
Natürlich kann man nur schwer mitansehen, wie sich das eigene Kind mit aller Kraft selbst zerstört. Es gibt Zuwendungen und Verhaltenweisen, die unbedingt aufrecht erhalten werden sollten, auch wenn die Lebensvorstellungen komplett kollidieren. Auch wenn ein geliebter Mensch sich zugrunde richtet und Suchtmittel konsumiert, ist dahinter ein Mensch, der gute Seiten hat und der normalerweise liebenswert ist. Aktuell wird das zwar von der Suchtkrankheit überschattet, aber da gibt es Behandlungen gegen und einen Weg raus.
Auch wenn man sich also distanziert, sollte man ein Mindestmaß an Hilfe anbieten. Dazu zählt für mich: Grundnahrungsmittel bereitstellen (gemeinsam Einkaufen gehen?) und einen Platz zum Waschen (und falls möglich zum Schlafen) anbieten. Letztendlich muss jeder Angehörige selbst entscheiden, wie viel Nähe er leisten kann.
Wie kann man das emotional verarbeiten?
Es gibt Selbsthilfegruppen für Angehörige. Dort kann man sich über das weitere Vorgehen austauschen, Rat erfragen und sich die Ängste, Sorgen und den Kummer von der Seele reden (tut unendlich gut). Gleichzeitig bekommt man das Gefühl und die Gewissheit, dass man mit dem Problem nicht alleine ist und es andere Betroffene gibt. Es ist eine sehr wertvolle Erfahrung und hilft vielen Angehörigen dabei, die Situation zu verarbeiten. Meiner Mutte hat damals in einer Selbsthilfegruppe für Angehörige den entscheidenden Ratschlag bekommen sich komplett von mir zu distanzieren. Dadurch stand ich vor dem Nichts und hatte nach kurzer Zeit meinen persönlichen Tiefpunkt erreicht. So konnte ich im Jahr 2017 aufwachen und einen Ausweg aus der Sucht finden.
Ein Bundesweites Sorgentelefon für Angehörige von Menschen mit Suchtproblemen wird vom Deutschen Rotenz Kreuz angeboten. Von Freitag – Sonntag und an gesetzlichen Feiertage steht das Sorgentelefon von 8 – 22Uhr zur Verfügung (06062 / 607 67).
Sehr informativ und unterstützend habe ich auch verschiedene Gruppen bei Facebook erfahren. Ich empfehle bei Facebook nach Begriffen zu suchen wie: “Angehörige tauschen sich aus” oder “Angehörige von Alkoholikern“. Dort sind viele Menschen versammelt, die bereitwillig ihren Rat teilen und durch ihre eigenen Erfahrungen und Schicksalsschläge helfen.